Sichtbarkeit: In Niedersachsen haben von den knapp 8 Millionen Einwohner*innen 1,6 Millionen einen Migrationshintergrund (in den größeren Kommunen des Landes hat inzwischen jedes vierte Kind einen Migrationshintergrund). Es ist davon auszugehen, dass innerhalb dieser Gruppe zwischen 80.000 – 100.000 Einwohner*innen LSBTI* sind. Die Lebenssituation dieser Menschen ist so unterschiedlich wie ihre Herkunft selbst. Auffällig ist allerdings, dass viele LSBTI* mit Migrationshintergrund sich stärker über ihren Migrationshintergrund definieren als über ihre sexuelle Orientierung. Nachvollziehbar ist diese Verortung weil der Migrationshintergrund in der Regel ersichtlich ist und daher Erfahrungen mit Rassismus gemacht werden, während die sexuelle Orientierung erst durch die Selbstoffenbarung bekannt wird. Diese Selbstoffenbarung wird jedoch aus Angst vor möglichen Benachteiligungen oder fehlendem Anlass oft vermieden. Die Verortung über den Migrationshintergrund macht die Erreichbarkeit der Zielgruppe junge LSBTI* mit Migrationshintergrund für die Angebote bisheriger Institutionen schwer. In der Mehrheitsgesellschaft werden Migrant*innen nicht nur als nicht-deutsch gelesen, sondern auch als heterosexuell. Sie werden als eigene Gruppe mit besonderen Erfahrungen und Bedürfnissen nicht mitgedacht. Und genau das möchten wir ändern!
Diskriminierungsfreier Raum: Zur Diskriminierungserfahrung als Migrant*in durch die Mehrheitsgesellschaft kommt bei dieser Gruppe oft eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität dazu, sei es im öffentlichen Raum, bei Freund*innen, in der Schule oder in den Herkunftsfamilien. Diese kommen zum Teil aus Ländern, in denen Homosexualität heute noch geächtet und strafrechtlich verfolgt wird. Ein Outing gegenüber der Familie oder der Community ist daher mit der Gefahr verbunden, aus der Herkunftsfamilie verstoßen zu werden. Sie laufen also Gefahr einen wichtigen Schutzraum zu verlieren. Denn die Familien und Communities sind meist Orte an denen die Betroffenen sicher sind vor dem Rassismus der Mehrheitsgesellschaft. Die Angst diese zu verlieren wirkt existenziell bedrohlich. Die Betroffenen reagieren in der Folge mit einem Versteckspiel, isolieren sich oder passen sich mit sehr fragilen Lebensentwürfen an. Wir wollen in Hannover unsere Gruppe ausbauen, in Braunschweig, in Göttingen und in weiteren Städten Geschwister-Gruppen aufbauen und diese Gruppen miteinander vernetzen.